Wenn ich mich nicht verzählt habe, dann ist dies das fünfundzwanzigste
Performance-Dinner und demnach ein kleiner Grund zum Feiern.
Als die erste Installation mit Dinnerbezug als Abschlussarbeit meines
Foundation-Kurses im Londoner Central Saint Martin’s College aufgebaut wurde,
hätte ich mir nicht träumen lassen, dass einmal eine so köstliche und
vergängliche Aktionsreihe daraus entstehen würde. Basierend auf dem
Kannibalenfall von Rothenburg entwickelte ich eine Arbeit zu Ehren von Armin
Meiwes, die nichts mit den herrlichen Gerichten, die es seit einem Jahr bei den
Dinnern gibt, gemein hat. Damals entstand ein gedeckter Tisch mit kleinen
Skulpturen aus Salzteig, Latexobjekten und einer mit Genitalien bedruckten
Tischdecke.
Etwa fünf Jahre später, als ich bereits einen Masterstudiengang in Berlin
belegte, hatte ich die Möglichkeit, ein Interview mit den amerikanischen
Performance-Künstlerinnen Annie Sprinkle und Beth Stephens zu führen. Da mir
die Arbeit letztendlich zu unkritisch erschien, lud ich meine Tutorengruppe zu
einem Dinner ein, das Motive der Werke beider Künstlerinnen aufgriff. Das
„lobhudelnde“ Video war lediglich auf der Gästetoilette in kleinen Schnipseln
zu betrachten.
Dies war der Grundstein des Performance-Dinners. Es folgte ein Abend in den
Galerieräumen eines befreundeten kanadischen Künstlers, bei dem ich das Essen
entwickelte und auch teilweise kochte. Die Hauptarbeit wurde damals aber von
dem Mann einer guten Freundin erledigt, der ausgebildeter Koch ist. Ich konnte
also bei den Gästen sitzen und ihnen meine Gedankengänge zu den einzelnen
Gängen mitteilen. Thema des Abends waren meine „Musen“; Künstlerinnen aus dem
Performancebereich, die mich inspirieren. (Mit dieser Arbeit begann auch damals
die Arbeit an diesem Blog.)
Es verging ein weiteres halbes Jahr bis das Performance-Dinner seine
richtigen Züge annahm und so vonstatten ging, wie es Leute aus dem Giessener
Umkreis nun schon kennen.
Ich verortete meine Arbeit zwischen Daniel Spoerri, dem Erfinder der
Eat-Art und dem thailändischen Künstler Rirkrit Tiravanija, auf den mich meine
Dozentin Heike-Karin Föll aufmerksam machte. Während Tiravanija vor allem durch
seine Green Curry-Performances in den 90ern berühmt wurde, bei denen er in
Galerieräumen die Zutaten für ein Curry bereitstellte und mit vielen Leuten
zusammen kochte, führte Spoerri zeitweise ein eigenes Restaurant, in dem er vor
allem Innereien anbot. Während dieser Zeit entstanden auch viele seiner
berühmten Fallenbilder, bei denen die
Reste eines Essgelages auf den Tisch befestigt wurden, um dann an die Wand
gehängt zu werden. Natürlich gibt es noch viele weitere Bezugspunkte für mich
und meine Arbeit, doch diese beiden sind die wichtigsten.
Kommen wir nach diesem Exkurs zum ersten Abend Von der Rolle, der sich mit der asiatischen Herkunft der
Künstlerin beschäftigt. Die meist aus vielen kleinen Einzelteilen bestehenden
Skulpturen und die Verwendung von Papier und Karton, die oft gerollt und
gewickelt daherkommen, inspirierten mich zu dem folgenden Menü:
Die gedeckte Tafel im Ausstellungsraum
Amuse Bouche: Wassermelonentatar mit Melonensorbet und Koriandersauce
Blick durch einen Objekt-Kasten
Flusskrebsschwänze in Senfdressing mit Gurkengel
Räucherfischmousse in Radieschenscheiben mit einem Meerrettichei
Roastbeef mit Kohlrabi, Nashi, Sojacreme und Limettenzucker
Lychee-Jelly mit Matcha-Crème Anglaise
Kardamomhippe mit Orangenfüllung
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