Montag, 11. Juni 2012

Von der Rolle I

Wenn ich mich nicht verzählt habe, dann ist dies das fünfundzwanzigste Performance-Dinner und demnach ein kleiner Grund zum Feiern.
Als die erste Installation mit Dinnerbezug als Abschlussarbeit meines Foundation-Kurses im Londoner Central Saint Martin’s College aufgebaut wurde, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass einmal eine so köstliche und vergängliche Aktionsreihe daraus entstehen würde. Basierend auf dem Kannibalenfall von Rothenburg entwickelte ich eine Arbeit zu Ehren von Armin Meiwes, die nichts mit den herrlichen Gerichten, die es seit einem Jahr bei den Dinnern gibt, gemein hat. Damals entstand ein gedeckter Tisch mit kleinen Skulpturen aus Salzteig, Latexobjekten und einer mit Genitalien bedruckten Tischdecke.
Etwa fünf Jahre später, als ich bereits einen Masterstudiengang in Berlin belegte, hatte ich die Möglichkeit, ein Interview mit den amerikanischen Performance-Künstlerinnen Annie Sprinkle und Beth Stephens zu führen. Da mir die Arbeit letztendlich zu unkritisch erschien, lud ich meine Tutorengruppe zu einem Dinner ein, das Motive der Werke beider Künstlerinnen aufgriff. Das „lobhudelnde“ Video war lediglich auf der Gästetoilette in kleinen Schnipseln zu betrachten.
Dies war der Grundstein des Performance-Dinners. Es folgte ein Abend in den Galerieräumen eines befreundeten kanadischen Künstlers, bei dem ich das Essen entwickelte und auch teilweise kochte. Die Hauptarbeit wurde damals aber von dem Mann einer guten Freundin erledigt, der ausgebildeter Koch ist. Ich konnte also bei den Gästen sitzen und ihnen meine Gedankengänge zu den einzelnen Gängen mitteilen. Thema des Abends waren meine „Musen“;  Künstlerinnen aus dem Performancebereich, die mich inspirieren. (Mit dieser Arbeit begann auch damals die Arbeit an diesem Blog.)
Es verging ein weiteres halbes Jahr bis das Performance-Dinner seine richtigen Züge annahm und so vonstatten ging, wie es Leute aus dem Giessener Umkreis nun schon kennen.
Ich verortete meine Arbeit zwischen Daniel Spoerri, dem Erfinder der Eat-Art und dem thailändischen Künstler Rirkrit Tiravanija, auf den mich meine Dozentin Heike-Karin Föll aufmerksam machte. Während Tiravanija vor allem durch seine Green Curry-Performances in den 90ern berühmt wurde, bei denen er in Galerieräumen die Zutaten für ein Curry bereitstellte und mit vielen Leuten zusammen kochte, führte Spoerri zeitweise ein eigenes Restaurant, in dem er vor allem Innereien anbot. Während dieser Zeit entstanden auch viele seiner berühmten Fallenbilder, bei denen die Reste eines Essgelages auf den Tisch befestigt wurden, um dann an die Wand gehängt zu werden. Natürlich gibt es noch viele weitere Bezugspunkte für mich und meine Arbeit, doch diese beiden sind die wichtigsten.

Kommen wir nach diesem Exkurs zum ersten Abend Von der Rolle, der sich mit der asiatischen Herkunft der Künstlerin beschäftigt. Die meist aus vielen kleinen Einzelteilen bestehenden Skulpturen und die Verwendung von Papier und Karton, die oft gerollt und gewickelt daherkommen, inspirierten mich zu dem folgenden Menü:



Die gedeckte Tafel im Ausstellungsraum




Amuse Bouche: Wassermelonentatar mit Melonensorbet und Koriandersauce


Blick durch einen Objekt-Kasten


Flusskrebsschwänze in Senfdressing mit Gurkengel


Räucherfischmousse in Radieschenscheiben mit einem Meerrettichei


Roastbeef mit Kohlrabi, Nashi, Sojacreme und Limettenzucker


Lychee-Jelly mit Matcha-Crème Anglaise


Kardamomhippe mit Orangenfüllung

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