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© James Rizzi: The Big Apple is Big on Good Food, 1999 |
Es gibt Kunst, die sieht man und das Motiv, die Farbig- und
Fröhlichkeit, die einem da entgegenkommt, zaubert dem Betrachter ein Lächeln
auf die Lippen. Genau so verhält es sich bei den Arbeiten des amerikanischen
Künstlers James Rizzi, der leider viel zu früh verstorben ist. Rizzi war ein
echter New Yorker. In der Weltmetropole geboren, verarbeitete er das für ihn dort
Alltägliche zu Kunst. Wie auch die Stadt schien er nie zu schlafen, sondern war
fröhlich, aufgedreht, präsent und sprudelte vor immer neuen Ideen.
Zur Ausstellung „In Memoriam of James Rizzi“ in der Gießener Galerie
am Dom gab es nun zwei Performance-Dinners, die das Werk des Künstlers und dessen
Hauptattraktion, New York, ehrten. Unter dem Motto „The Big Apple“ stand zum
ersten Mal in der Geschichte der Performance-Dinner eine einzige Zutat im
Zentrum, die in Variationen in jedem Gang auftrat: der Apfel.
Es gibt viele Theorien wie New Yorks Spitzname „Big Apple“ zustande
kam. Von der Jazzszene, die in ihren Texten viele Äpfel am Baum rühmte, aber
den einen ganz besonders hervorhob. Oder über die freizügigen Mädels in New
York, die eher ihre „großen Äpfel“ zeigten als Mädels aus anderen Gegenden.
Zu den Dinners am 15. und 21. Februar versuchte ich, das „Multikulti“
der Metropole einzufangen, mit verschiedenen Texturen zu arbeiten und immer
wieder den Apfel in unterschiedlichen Facetten auf den Teller zu bringen, wie
man ihn im Alltag nicht serviert bekommt.
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Apfel-Schalotten-Haselnussbrot |
Als Aperitif gab es einen Cocktail auf Calvadosbasis. Dafür hatte ich schon eine Woche zuvor einen Apfelessig mit Zucker und roten Apfelschalen angesetzt, die sich im Laufe der Zeit wunderbar rosarot verfärbten. Der Drink wurde mit viel Zitronensaft und Eiweiß cremig aufgeschüttelt; den rosaroten Essig ließ ich dann über den Rücken eines Löffels in das Glas hineinfließen. So entstand ein mehrschichtiger Cocktail, der es in sich hatte! Damit der erste Alkohol nicht auf leeren Magen floss, gab es gebutterte Scheiben von ganz frischem Sauerteigbrot, in das getrockneter Apfel, geröstete Haselnüsse und geschmorte Schalotten eingearbeitet waren.
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NYC Sour |
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Weiße Schoko-Meerrettich-Sphären |
Der Gruß aus der Küche bestand aus einem gekochten Apfelsud, der in einer Hülle aus Meerrettich und weißer Schokolade ruhte und in einem Schluck Staudenselleriewasser schwamm. Als Shot genossen, biss man auf die Kugel, deren leicht scharfe Hülle zerbarst, das süße Apfelwasser mit dem Sellerie vermischte und den eigentlichen Start in das Dinner einleitete.
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Jakobsmuschelceviche mit Basilikum-Apfelpüree |
Der erste Gang bestand aus einer Fusion mexikanischer und italienisch angehauchter Küche. Es gab eine Jakobsmuschel-Ceviche mit rohem Apfel, dazu in Vermouth und Knoblauch gedämpfte Venusmuscheln, die auf einer Creme von Apfel- und Basilikum ruhten. Als i-Tüpfelchen stellte ich noch einen Wackelpudding aus Apfel und Basilikum her, der auf dem cremig weißen Muschelberg türmte.
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NYC Fried Chicken mit Kartoffelrisotto |
Der Hauptgang bestand aus „fried chicken“, welches ich mit einem Kartoffelrisotto servierte, das mit crème fraîche und groben Senf abgeschmeckt war. Dazu gab es einen wunderbar erfrischenden Salat aus Gurke mit viel eingelegter Senfsaat und Dill. Der Apfel versteckte sich in diesem Gang in der Marinade des Huhns.
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Schimmelkäse mit Radicchio, Apfelvariationen und kandierten Pecans |
Eine Brücke zwischen der salzigen Speisen und dem Dessert schlug der Käsegang: Es gab verschiedene Apfelvariationen – in Apfelessig geköchelte Ringe, Püree mit einer Rotwein-Portreduktion, in Salz und Essig eingelegte Würfelchen, dazu einen Salat aus Radicchio Treviso und Castelfranco, außerdem kandierte Pecannüsse mit Blauschimmelkäse.
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Gepresste Apfelterrine mit Rosensahne |
Zum Dessert servierten wir eine gepresste Apfelterrine, die durch vier Stunden Backzeit von einer Höhe von 25 cm auf gerade mal 8 cm zusammengeschrumpft war und wunderbar Apfel-butterig schmeckte. Als Grundidee lag ein typischer american apple pie zu Grunde, den ich auf diese Weise neu interpretierte. Dazu gab es Shortbread, das mit Zitronenschale und Nelke gewürzt war, und eine Rosenwassersahne.
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Von außen betrachtet |
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Blick in die Galerie |
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Apfel-Grapefruit- und Brombeertrüffel |
Die Stimmung war – sicher auch dank dem gehaltvollen Cocktail zu Beginn! – ausgezeichnet. Während die Gäste Espresso schlürften, bekamen sie noch einen Trüffel aus Zartbitterschokolade mit einer fast flüssigen Füllung aus Apfel-Brombeer- und Grapefruit-Gelee.