Montag, 23. Juli 2012

mære deluxe


„Es war eine Köchin, die hieß Gretel, die trug Schuhe mit roten Absätzen, und wenn sie damit ausging, so drehte sie sich hin und her, war ganz fröhlich und dachte: ,Du bist doch ein schönes Mädel.' Und wenn sie nach Haus kam, so trank sie aus Fröhlichkeit einen Schluck Wein, und weil der Wein auch Lust zum Essen macht, so versuchte sie das Beste, was sie kochte, so lang, bis sie satt war, und sprach: "Die Köchin muß wissen, wie's Essen schmeckt.“
Grimms Märchen Gesamtausgabe, Das kluge Gretel, Gondrom Verlag, 1976, S. 283, 1-7

Zur Buchillustrationen-Ausstellung von Renate Seelig entwickelte ich ein märchenbezogenes Menü. Die Ursprünge hierfür lagen in den klassischen Grimm’schen Texten.


Als Amuse Bouche servierte ich ein kleines Praliné aus Gänselebermousse mit grünem Pfeffer, das ich in eiförmige Schokoladenhohlkörper spritzte und mit Goldstaub bestrich: Die Gans, die goldene Eier legt.



 Der erste Gang war Schneewittchen gewidmet. Er bestand aus einem sommerlich frischen Kirsch-Gazpacho (rot wie Blut) mit Lardo (weiß wie Schnee) und in Zimt gerösteten Pumpernickel-Scheiben (schwarz wie Ebenholz).



 Als nächstes gab es passend zu Rapunzel ein Granita aus Feldsalat (Rapunzel), Spinat und Rucola, dazu ein weiteres Granita mit Vinaigrette-Zutaten, basierend auf Sherryessig. Einzeln waren die beiden Komponenten eher gewöhnungsbedürftig: der „Salat“ schmeckte arg gesund und nach Wiese, während der Essiggehalt der anderen Komponente beißend scharf war. Wenn man aber ordentlich mixte und in seinem Servier-Weckglas stocherte, kam ein Wohlgeschmack nach angemachtem Salat heraus. An jedem Weckglas hing noch eine Käseflûte, die den Zopf Rapunzels symbolisierte.


Dritter Gang war ein Erbsenpüree mit gedämpftem Kabeljau und einem Prinzessbohnensalat, der durch Knoblauch, Schnittlauch und Orangenzeste ordentlich Schmackes hatte. Die Combo wurde mit gerösteten Haselnüssen bestreut und mit einem außerordentlich guten Olivenöl beträufelt. Das hätte selbst der „Prinzessin auf der Erbse“ gemundet.


Das Dessert war dem Märchen „Tischchen, deck dich“ gewidmet und bestand aus einem Hybrid aus Käsegang und Süßspeise. In dem Märchen müssen die Bauernjungen die Ziege zum Grasen auf die Weide bringen. Nachdem sich das Tier den Leib vollgefressen hat, lügt es abends daheim den Bauern an und berichtet ihm, dass sie „kein Blatt“ zu fressen gefunden habe. Also servierte ich einen französischen Ziegenrohmilchkäse (Fleurons de Gachons) mit einem dickflüssigen selbstgemachten und salzigen Pistazienöl, dazu eine wilde Mischung an „Blättern“ aus dem Vogelsberger Garten (Borretschblüten, Zitronenmelisse, Schafgarbe, Minze, Estragon und Co.) und kandierte, gebrannte Pistazien.
Und in direkter Referenz zu einer Reihe der ausgestellten Aquarelle zu Märchen aus dem Orient einen Cardamomtrüffel mit Earl Grey, Rosinenpüree und Ingwer.

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