Dienstag, 22. Juli 2014

Gießener Anzeiger - Wenn man Kunst schmecken kann

Wenn man Kunst schmecken kann (Gießener Anzeiger, 17.07.2014)

Edoardo Novelli wirbelte durch die Fußmann-Ausstellung. <br />
Foto: Scholz
Edoardo Novelli wirbelte durch die Fußmann-Ausstellung.
Foto: Scholz

VIER-GÄNGE-MENÜ Performance-Dinner mit Eat-Art-Künstler Rolf Baltromejus und Tänzer Edoardo Novelli im Oberhessischen Museum
GIESSEN - (olz). Wenn man die Ausstellung „Klaus Fußmann“ im Oberhessischen Museum essen könnte: Wie würde sie wohl schmecken? Eine eindrucksvolle Antwort darauf hat der heimische Eat-Art-Künstler Rolf Baltromejus bei einem seiner Performance-Dinner im Museum gegeben. Diesmal gab es allerdings nicht bloß richtig gutes Essen. Das Vier-Gänge-Menü wurde vielmehr flankiert von einem Auftritt des Tänzers Edoardo Novelli, der von den 16 Gästen des Abends kräftig Applaus bekam.
Zunächst mal einen Blick in die Museumsküche am Veranstaltungsbeginn geworfen: Zusammen mit vier Helfern bereitet Baltromejus, der längst in der Region bekannt ist und sich von Kunstausstellungen zu seinen Kreationen inspirieren lässt, gerade den ersten Gang des Dinners zu. Auf engem Raum wird hoch konzentriert und präzise gearbeitet. Das ist umso beachtlicher, als die Bedingungen in der Küche nicht die besten sind. Es wird von Hand gespült, statt eines Herdes gibt es bloß ein kleines Kochfeld, was für den Künstler reichlich Vorbereitung und exakte Koordination am Veranstaltungsabend bedeutet – am gehobenen Niveau der Speisen ändern die Arbeitsbedingungen nichts. Sie gehen pünktlich raus und sind echte Gaumenfreuden und Augenweiden. Kunstwerke eben.
Die Gäste kriegen von der Arbeit nichts mit. Sie sitzen an einer großen Tafel im Ausstellungssaal mitten zwischen den bekannten Blumenbildern von Klaus Fußmann und genießen einen schönen Abend. Nun aber die Katze aus dem Sack: Wie schmeckt die Fußmann-Ausstellung nach den Vorstellungen von Baltromejus? Mal einen Blick in die Speisekarte geworfen. Es gibt: Tukmaria-Pudding mit Zucchini, Bohnen und Mais, marinierten Rettich mit Flusskrebsen, Aprikosenhuhn mit Munster-Crème und Erdnusskrokant sowie zum Dessert Erdbeervariationen mit Kamille. Das klingt exquisit und ist es auch, denn Baltromejus kocht auf hohem Niveau.
Eine halbe Stunde später. Die Gänge eins und zwei sind raus. In der Küche macht sich erste Entspannung breit, während die Gäste im Saal eine Überraschung erleben. Denn zum ersten Mal ist Novelli bei einem der Dinner dabei, im Sinne freundschaftlicher Unterstützung für den Künstlerkollegen. Er gibt einige klassische Figuren zum Besten, doch die Besucher müssen auch mitmachen. Der Tänzer, der durch seine Arbeiten am Stadttheater in der Region bekannt geworden ist, läuft von Gast zu Gast und fordert auf. Ein kurzer Moment der Zurückhaltung – dann sind die Damen durchaus bereit, mit dem Tanzprofi durch die Fußmann-Ausstellung zu wirbeln. Circa zehn Minuten dauert der Auftritt, dann zieht sich Novelli unter eifrigem Beifall zurück. Und zwar in die Küche, um den Freundschaftsdienst auf andere Art fortzusetzen, nämlich an Herd und Spüle.
Übrigens: Das Fußmann-Dinner wird am kommenden Samstag wiederholt, der zweite Termin ist allerdings bereits jetzt wieder ausgebucht.
So richtig verwundern kann das nicht, denn Baltromejus guter Ruf ist verdient und hart erarbeitet. Bloß ein Blick auf den Hauptgang am Samstagabend macht richtig Appetit, und wer die leeren Teller in die Küche zurückkommen sieht, weiß: Den Gästen hat´s geschmeckt, das Vier-Gänge-Menü á la Ausstellung Klaus Fußmann.

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