Montag, 20. Februar 2012

Schwarz/Weiß im Oberhessischen Museum, Teil I


Nach nur anderthalb Wochen geht es bereits mit einem neuen Performance-Dinner weiter. Diesmal im Oberhessischen Museum in Gießen, aber auch in Schwarz/Weiß - jedoch mit komplett anderem Menü!

Seit einiger Zeit hängen nun schon eine Auswahl von Leica-Fotografien der 30er bis 60er Jahre im Ausstellungssaal des Museums und ich habe genauso lange an dem Essen für den Abend gefeilt.

Bereits Mitte der Woche hatte ich ein großes Probekochen veranstaltet. Dafür war ich nun sehr dankbar, weil ich noch so viele Kleinigkeiten entdeckte, mit denen ich in diesem Zustand nicht glücklich sein konnte. Dementsprechend gut zeigte ich mich dann vorbereitet, als meine treue Helferin Gudrun und ich die ersten Bananenkisten zum Museum fuhren, auspackten, den Tisch eindeckten und die „Küche“ aufbauten.

Als Stärkung gab es für uns anschließend noch Bavette mit Rucola-Pesto und ein Glas Weißwein, bevor wir um kurz nach sechs in das Museum zurückkehrten, um die restlichen Vorbereitungen für den Abend in Angriff zu nehmen.

Die Gäste trafen mehr als pünktlich ein und nach freudiger Begrüßung und einem Glas Prosecco sprach ich die einleitenden Worte. Dieses Mal war das Essen nicht direkt in Bezug zu einer bestimmten Reihe von Bildern entwickelt worden, sondern einfach mit dem Hintergedanken, alles in schwarz-weiß zu kochen. Somit sollte die Zweidimensionalität der Fotografien als dreidimensionale Performance zum Leben erweckt werden.

Das Amuse Bouche bestand aus einem Weinsauerkraut, das mit Quittengelee und viel Sahne gekocht wurde.





Gefolgt wurde dies von einem Wildfond mit geräucherten Spitzmorcheln und einem kleinen Dumpling, der seinen Ursprung in der asiatischen Küche fand. Er bestand aus einem Hefeteig, mit Gänseschmalz verfeinert und mit schwarzem Trüffel und Wachtelei gefüllt. Dazu gab es einen kräftigen Rotwein (Salice Salentino, Cantele, Italien, 2008), der mit dem Madeira und dem stark einreduzierten Rotwein der Brühe mithalten konnte.

Hierzu konnten die Gäste bereits an einer durch Roggenmehlanteil und viel Maldon-Salz herzhafteren Variante des Brioche knabbern.



Daraufhin servierten wir eine üppige kalte Blumenkohlcreme, die mit viel Mascarpone geschmeidig gerührt worden war. Darauf lagen zwei in Weißweinessig und Mirin eingelegte Austern und eine Quenelle Tukmaria-Kaviar. Dieser Kaviar hat nichts mit seinem fischigen Namensvetter zu tun, sondern besteht aus gequollenen Basilikumsamen, die durch eine Würze aus Sojasauce und Kaffee die typische Kaviaroptik erhalten und auch ganz entfernt geschmacklich an ihr Vorbild erinnern. Zu diesem und dem folgenden Gang gab es einen gehaltvollen Weißwein (Segreta Bianco, Planeta, 2010).


Der Hauptgang bestand aus einer Kartoffelrolle mit getrockneten schwarzen Oliven. Basis hierfür war eine Mandelmilch, die mit Hilfe einiger Mittelchen aus der Apotheke in eine sämige, stichfeste Masse gebracht worden war und so mit Hilfe von Küchenfolie im Wasserbad wieder erwärmt werden konnte. Diese Rolle gab es mit einer Trüffelcreme und einem Gemüse aus Schwarzwurzeln und Frühlingszwiebeln.

Den Gästen schien es gut zu gehen, folgte man beim Anrichten der Teller hinter einem Paravent dem Lachen und der regen Unterhaltung.


Zum Dessert gab es eine Lakritzcreme - farblich eher gelb-beige, dafür aber mit einer weißen Kokosmakrone abgedeckt. Dazu sandige Kuchenbrösel, die mit Kohle ascheartig eingefärbt waren, und ein Kompott von Holunderbeeren, Birne und Zitrone.

Der Weißwein passte auch hier noch sehr gut und während wir den Kaffee kochten und selbst einen kleinen Schluck tranken, gab es eine bunte Konversation über die Dinnertafel hinweg.




Während ich noch eine Praline mit Bitterschokolade, Pancetta und Ahornsirup verteilte, klang der Abend gemütlich aus.

Ich freue mich schon auf das zweite Dinner der Serie!

Samstag, 11. Februar 2012

Janos-Schaab-Performance-Dinner

Die Bananenkisten sind gepackt, das Rollwägelchen vom Weinhändler ausgeliehen und der Wagen steht vor der Tür. Mein erstes Performance-Dinner in Sachsenhausen wird schon in wenigen Stunden beginnen. Abgesehen davon, dass ich denke, irgendetwas Wichtiges nicht eingepackt zu haben (die Jakobsmuscheln, das Dessert), geht es mir sehr gut und ich bin gespannt auf die geladenen Gäste, deren Namen ich noch nicht einmal kenne.

Mit Navigationssystem (nur um auf Nummer sicher zu gehen) fahren wir Richtung Frankfurt und ich bin erstaunt, warum uns das Gerät in der Frankfurter Innenstadt kreuz und quer durch Seitenstraßen schleust...

Gegen fünf Uhr kommen wir in der Schulstraße an. Hier befindet sich Janos Schaabs Atelier, in dem das heutige Essen stattfinden wird. Grund dafür ist, dass Schaab zu Beginn des Neuen Jahres von der Galerie Wagner + Marks ins Programm aufgenommen wurde. Und da die Galeristen bei dem letzten Elvira-Bach-Performance-Dinner im Oberhessischen Museum zu Gast gewesen sind und sehr angetan waren, kam ich ins Spiel für diese Feierlichkeit.


Die Idee war, die bekannten Ikonen und Gebäude, die man in anderer Form bei dem ungarischen Künstler findet (seien es Audrey Hepburn, Grace Kelly oder das New Yorker Guggenheim) zu einem Essen in Schwarz-Weiß zu übersetzen. Mir war es wichtig, genau wie in den Bildern einen Ton für das Essen zu finden, der das Besondere widerspiegelt, die Referenzen zu bekannten Gesichtern beziehungsweise bekannten Gerichten macht, aber doch ganz anders wirkt; sei es durch gepixelte Malerei oder die Verwendung eines anderen Gewürzes oder das Spiel mit der Optik eines Gerichts, das dann ganz anders schmeckt als erwartet.



Kaum im Atelier angekommen, machen wir uns daran, die Tische einzudecken und im Atelier nebenan (hier arbeitet normalerweise Fabian Thiele an seinen Buchstaben-Installationen) die Küche herzurichten. Zwei kleine Tische und eine externe Herdplatte später ist auch schon fast die Behelfsküche aufgebaut. Ein letzter prüfender Blick und ein schnelles Ordnen der vielen Marmeladengläser (die nun aber mit Mascarponecreme, Ziegenfrischkäse und Olivenpaste gefüllt sind) und es kann beginnen.




Die ersten Gäste treffen ein, der Bouvet Chardonnay wird geöffnet und allseits herrscht gute Laune.




Nach den kurzen einleitenden Worten von Herrn Marks spreche ich über die Idee der Performance-Dinners, worauf sich das Amuse Bouche anschließt - nicht in Schwarz-Weiß, wohl aber hell und dunkel (ein paar Freiheiten muss man sich schließlich lassen). Es gibt Scheiben vom Rinderfilet, das drei Tage in einer Marinade aus Maldonsalz, Muscovadozucker, gehäckselter Sellerieknolle, Orangenschale und Rosmarinnadeln mariniert hat und nun in dünnen Scheiben, von einem Löffel Selleriesalat gekrönt, serviert wird.



Als eigentlichen ersten Gang gibt es eine gebratene Jakobsmuschel auf getrüffelter Mascarpone. Die Gäste scheinen begeistert zu sein und ich bekomme lobende Worte, während ich Bouvet nachschenke und dann die leergeputzten Teller einsammle.

Zum Hauptgang servieren meine treue Küchenhilfe Gudrun und ich eine Calamari-Roulade mit Garnelenfüllung und Sepiavinaigrette. Wir ernten erstaunte Blicke, dann ein Schmunzeln um die Mundwinkel, bevor die Gäste zu ihrem Besteck greifen.

Mit längeren Pausen zwischen den Gängen können auch wir im Schein der Neonbuchstaben von Fabian Thiele die einzelnen Gerichte testen, die Töpfe auskratzen und einen Schluck trinken. Es macht großen Spaß zwischen der improvisierten „Küchensituation“ im bunten Neonschein und den schwarz-weißen Gemälden hin und her zu wechseln.

Als nächstes servieren wir Ziegenfrischkäse mit Roter Bete und einer schwarzen Olivenglasur, gefolgt von einer Bitterschokoladen-Brûlée mit Joghurtmousse und einem kleinen Schoko-Quittenbrot.

Die Teller werden ratzeputz aufgegessen und zum Kaffee kommen wir beide dann aus der „Küche“ und setzen uns noch zu den Gästen dazu. Wir trinken Kaffee und Wein, verteilen noch einen Trüffel mit einer Earl-Grey-Lychee-Ganache und sind erstaunt, dass die Leute Sitzfleisch auf den Bierbänken zeigen. Wir deuten das als gutes Zeichen!

Dienstag, 7. Februar 2012

Semiglot-Buffet


Zur Vernissage der neuen Ausstellung der Hamburger Künstlerin Mariella Mosler wurde ich von der Kuratorin Dr. Ute Riese gebeten, in Anlehnung an meine Performance-Dinners ein Buffet für geladene Gäste herzustellen.

Gesagt, getan: Nach wenigen Tagen stand für mich fest, dass ich mich vor allem an den bekannten Bodeninstallationen aus Zuckerperlen orientieren würde. Dabei wollte ich mich nicht auf ein rein süßes Buffet festlegen lassen. Vielmehr nahm ich die filigrane Zuckerperle, die einzeln kaum zu sehe ist und nur in der Masse an Wirkung und Strahlkraft gewinnt, und überlegte mir, welche Zutaten aus dem „salzigen“ Bereich ich verwenden könnte, um ein ganzes Buffet herzustellen.

Nicht nur Linsen, Perlgraupen und Granatäpfel kamen hierbei zum Einsatz. Ich achtete auch darauf, dass die berühmt-berüchtigten Frikadellen, die man auf fast jedem Buffet findet und erwartet, mit einer neuen Würzung als kleine Hackkugeln daherkamen.

Hier sind einige Fotos des „kleingehaltenen“ Buffets:




Auberginensalat mit Granatapfel, Pinienkernen und Safrandressing

Pilztarte

Garnelen mit Avocadosalsa

Roastbeefröllchen mit Frischkäsefüllung

Zwiebelchen à la Grecque

Kürbis-Orzotto

Dicke Bohnensalat mit Radieschen und Tahini

Hackbällchen auf lauwarmem Linsensalat

Schokokekse mit Cointreauglasur

Zitruscreme mit Orangenspiegel

Montag, 6. Februar 2012

Picasso-Performance-Dinner in der Weinrebe Gießen

Freitag, der 13., und es ist Zeit für das erste Performance-Dinner im Neuen Jahr. Mit Marc Colavincenzo, dem Besitzer der Weinrebe am Lindenplatz in Gießen, hatte ich bereits vor Monaten die Idee zu diesem Abend entwickelt. Passend zu Picassos Lebensstationen in Spanien und Frankreich orientierten wir uns bei der Weinauswahl an diesen beiden Ländern.

Basierend auf Bildern aus mehreren Schaffensperioden des Künstlers entstand so - auch in Verbeugung vor dem englischen Sternekoch Heston Blumenthal - folgendes Menü:

In Anlehnung an das Gemälde „Tomatenpflanze“ (1944) gab es als Amuse Bouche eine langsam getrocknete Tomate mit einem fein säuerlichen Paprikaketchup.








Dies wurde von einem Rotkohl-Gazpacho gefolgt, der durch kleine Gurkenstückchen einen schönen Biss bekam.


Als nächstes gab es eine Abwandlung des Fischgerichts „Seezunge Picasso“, eigentlich ein Fischfilet in einer Zitrus-Ingwer-Sauce, eine gebratene Jakobsmuschel mit einer kalten Holunderblütenvinaigrette und einem Ginger-Ale-Geleewürfel. Das Ginger Ale war als Anspielung an Lee Millers experimentierfreudige Küche im Picasso Haushalt gedacht, wo sie unter anderem Coca Cola-Eiscreme servierte, wenn Sie zu Gast war.




Der nächste Gang war ebenfalls mit Picassos Vorliebe für Fisch verbunden, ebenso aber auch mit den wunderbaren Fotografien von Douglas Duncan, der den Maler beim Mittagessen an Gräten nagend ablichtete. Hier gab es ein Sardineneis mit Käsecrostini und frittierten Kapern. Sehr gewöhnungsbedürftig aber auch ein besonderes Geschmackserlebnis.



Als Hauptgang gab es Taubenbrüste – ein Vogel, der auch zahlreich in Gemälden Picassos vertreten ist, nicht zuletzt in dem mittlerweile als Friedenstaube verwendetem Symbol. Die Geflügelbrüste waren in einem Serranoschinkenmantel eingehüllt. Dazu gab es Zwiebelpüree, eine Sherryreduktion und Erbsen, zusammen mit dem Fleisch eine Hommage an Picassos Gemälde „Taube mit Erbsen“ (1911).



Der Käsegang war einfach ein Bezug zu Picassos Hausziege, die er in mehreren Varianten als Bronzeskulptur ausgestellt hatte: Es gab einen Rouelle mit gebackener Roter Bete und einer eingekochten Rote-Bete-Glasur.



Als Dessert gab es eine Verneigung vor Picassos spanischen Wurzeln in Form einer Crema Catalana, die mit selbst angesetztem Quittenbrandy gewürzt war; dazu ein mürbes Safrangebäck, gefüllt mit bitterer Orangenmarmelade und zum Teil umhüllt von Zartbitterschokolade.




Das Petit Four schließlich bestand dieses Mal aus einem Absinthtrüffel.