Sonntag, 8. Dezember 2013

Chromatische Speisen - Heinz Mack-Performance-Dinner

Lange ist es her, aber ich habe nichts verlernt!

Die Menükarte
Am vergangenen Freitag fand in einer 18er-Gruppe das Performance-Dinner zur Heinz Mack-Ausstellung im Stadthaus Wetzlar gegenüber dem Dom statt. Der erste Schnee war an diesem Tag gefallen, die bunten Lichtergirlanden stimmten besinnlich und bereits der Fakt, dass es Nikolaustag war, machte dieses Essen zu etwas ganz Besonderem.

Den ganzen Tag über stand ich in meiner privaten Küche, schnippelte, frittierte, brutzelte, kochte, pellte, presste durchs Sieb, schmeckte ab, kühlte, formte und packte ich Zutaten für das bunt werdende Essen.

Die chromatischen Siebdrucke des Weltkünstlers Mack, der im nächsten Jahr zusammen mit seinen ZERO-Mitbegründern im Guggenheim Museum in New York mit einer Ausstellung geehrt wird, versteht es wie kein anderer, Licht und Farbe gebündelt und zu einem intensiven Erlebnis für den Betrachter auf tolles Papier zu bringen. Die gerasterten, farbverlaufenden Quader, Rechtecke, Kreise lassen sofort an Frühling, Sommer und gute Zeiten denken. Genau das Richtige bei schlechtem Wetter und nur wenigen Tageslichtstunden. Der Künstler will mit seinen farbintensiven und zugleich grazil wirkenden Arbeiten ein Vermittler zwischen transzendenter und wirklicher Welt sein. Licht, Energie, Bewegung, das Festhalten des Flüchtigen sind Aspekte seiner Siebdrucke, die ganz lebendig daherkommen und die Menschen von Jahr zu Jahr immer mehr begeistern.

Heinz Mack besuchte die Staatliche Kunstakademie in Düsseldorf und studierte parallel Philosophie. Bereits 1957 gründete er die Künstlergruppe ZERO, in der die Künstler Abstand von klassischen Kompositionen nahmen und sich stattdessen Konzepten von Licht, Raum und Bewegung beschäftigten. Mit Piene und Uecker realisierte er einen „Licht-Raum“ auf der Documenta 3. Es folgten in den kommenden Jahrzehnten weltweite Einzel- und Gruppenausstellungen. Nach vielen Aufträgen für Kunst im öffentlichen Raum widmete sich Mack ab Anfang der 90er Jahre wieder vermehrt der Malerei und entwickelt die sogenannten „chromatischen Konstellationen“. Und diese standen Pate für das Mack-Performance-Dinner.

Gegen 17.30 Uhr schlagen wir mit voll beladenem Wagen im Stadthaus auf. Schnell werden Tische und Stühle aufgestellt, Tischdecken und Servietten zurechtgerückt und Teelichter positioniert. Die Stimmung ist gespannt und entspannt zugleich. Ich habe drei wunderbare Helfer, die sich um fast alles kümmern, und ich kann die ersten Gäste begrüßen.

Unter den 18 Teilnehmern sind nur wenige, die schon einmal an einem Performance-Dinner teilgenommen haben. Frau Grage vom Hessischen Rundfunk ist fleißig dabei, mit dem Mikrofon Schnipsel vom Abend aufzunehmen. Gespräche der Gäste, ein kleines Interview in der Küche, Befragung der Küchenhilfen...
Wie im Flug vergeht die Zeit und die chromatischen Speisen kommen sehr gut an.

Zu Beginn gibt es ein Glas Varichon & Clerc mit weihnachtlich gewürztem Cranberry-Sorbet. Die tiefrote Farbe erinnert an Macks prächtige Rotnutzung.

Varichon & Clerc mit Cranberrysorbet 



Als Gruß aus der Küche kommt ein Chicharron (frittierte Schweinescharte) mit Avocadopüree und Sharonfrucht auf den Tisch.

Chicharron mit Avocado und Sharon
 Der erste Gang ist ein chromatischer Gazpacho, bestehend aus geliertem klaren Tomatenwasser und je einem Viertel roter Paprika mit Chili, gelber Paprika, Gurke mit Koriander und roter Zwiebel.

Chromatischer Gazpacho
Gefolgt wird dies von einer geräucherten Lachsforellenmousse mit Roter Bete und frisch geriebenem Meerrettich.
Geräucherte Lachsforellenmousse
Als Hauptgang gibt es marinierte Rinderblattrippe mit rootbeer-Aromen: sie lag über Nacht in einem Salzbett, gewürzt mit Sassafras, Wacholder, Zimt sowie einigen anderen Kräutern und Gewürzen. Das Fleisch wurde dann langsam geschmort, von Knochen und Fett befreit und geschreddert. Beilagen für das kräftig gewürzte Fleisch sind ein Vanille-Kartoffelpüree, Fenchel und Schwarzwurzeln.

Geschredderte Rinderblattrippe mit Fenchel

Pressearbeit

Nach diesem vollmundig abgeschmeckten Gang gibt es als Erfrischung ein fruchtiges Dessert. Eine Mango-Maracujaterrine mit Granatapfel, Blaubeeren und Kumquats erfrischt den Gaumen.

Mango-Maracujaterrine
Zum Kaffee reichen wir einen Absinthtrüffel, der an die schwarz-weißen Siebdrucke von Mack erinnern soll.
Bei einem Glas Rotwein lasse ich den Abend mit den Gästen ausklingen und bekomme tolles Feedback - vor allem die Bitte, doch schnellstmöglich über die nächsten Termine informiert zu werden.
Ein schöneres Lob (in Verbindung mit den leer gegessenen Tellern) kann es nicht geben.

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